Gestern erinnerte ich mich daran, dass ich mehrere Artikel über die East-Enduro-Challenge des MC Isolator Neuhaus-Schierschnitz für die lokale Zeitung geschrieben habe. Und heute stelle ich einen davon hier ein.
7. East-Enduro-Challenge 2000
Mann und Maschine trotzten Gelände und Wetter. Den Heubischer Wilfried Ehrsam auf der diesjährigen East-Enduro-Challenge in Neuhaus-Schierschnitz begleitet
Neuhaus–Schierschnitz. Das Gewerbegebiet in Neuhaus–Schierschnitz war der Treffpunkt für Endurofans aus ganz Deutschland am 09.09.2000, denn dort hatte der MC Isolator sein Zelt und Fahrerlager für die East–Enduro–Challenge aufgeschlagen.
Endurosport ist der Kampf von Mann und Maschine gegen die Widrigkeiten von Gelände und Witterung. Wilfried Ehrsam, ein Clubmitglied aus Heubisch, Baujahr 51, stellte sich der Herausforderung in der Seniorenklasse. Dabei hat seine Teilnahme eine Vorgeschichte. Kurz vor dem Start fiel in der Sonderprüfung der Strom aus und an eine erforderliche Zeitnahme war nicht zu denken. Als Verantwortlicher für die Elektronik musste er sich erst diesem Problem stellen und konnte nicht seiner Startnummer folgend, er hatte die Nummer 1, das Rennen beginnen. Deshalb nahm er erst um 9.33 Uhr und nicht um 8.00 Uhr das Rennen in Angriff. Dazu musste er erst seine Maschine aus dem Parc fermé holen und zum Start schieben. Abgegeben hatte er sie dort am Freitag zur technischen Abnahme und da stand sie auch die ganze Nacht. Genau 10 Minuten vor dem Start, also um 9.23, durfte er seine Maschine wieder in Empfang nehmen.
Auf dem Weg zum Start wurde noch einmal alles kurz überprüft. Luftdruck der Reifen, Tankinhalt, Kettenspannung, Kupplung, Bremsen, alles in Ordnung. Musste ja alles in Ordnung sein, denn erst seit einer Woche war er stolzer Besitzer der Vertemati. Seine alte Maschine wollte nicht mehr und versagte ihren Dienst zwei Wochen vor dem Rennen. Beim Start hatte man genau eine Minute Zeit das Motorrad zu starten und eine 20 Meter entfernte Linie mit Motorkraft zu überqueren. So richtig wollte das bei Wilfred nicht funktionieren. Viermal musste er den Kickstarter treten, bevor der Motor ansprang. Dabei hatte er doch daheim doch immer wieder trainiert. Die mit ihm gleichzeitig startenden Fahrer waren da schon lange weg. Zwar bedeutet Enduro eine Gleichmäßigkeitsfahrt, aber um zu sehen, ob man auch die vorgegebenen Zeiten schafft, wird in der ersten Runde so richtig Gas gegeben. So hatte Wilfried schon bis zur Sonderprüfung 15 Fahrer ein- und überholt. Hier wurde ein Fahrer nach dem anderen auf die 2 Kilometer lange Piste geschickt, denn es ging um die schnellste Zeit. Wegen des Stromausfalls wurde in der ersten Runde die Sonderprüfung nicht gewertet, trotzdem wurde voll gefahren, damit man sah wo man Probleme hatte und in welcher Zeit man Sonderprüfung schafft. Als sehr interessant beurteilte Wilfried die Sonderprüfung, denn die Rennleitung hatte einen Kreisel, eine Spitzkehre am Bahndamm und ein Schlammloch eingebaut. Trotzdem meisterte er für seine Verhältnisse den Kurs gut.
Nach der Sonderprüfung ging es zur Durchgangskontrolle 1 und weiter zur Zeitkontrolle 1 in Föritz. Davor war aber noch eine Steilabfahrt bei Schwarzdorf mit glatten und ein paar anspruchsvolle Schlammlöcher zu bewältigen. Bei der Zeitkontrolle angekommen hatte Wilfried 10 Minuten gut, denn man muss zur einer vorgegeben Zeit stempeln, sonst bekommt man Strafpunkte. Damit er seine Stempelkarten nicht verliert und immer gut griffbereit hat, ließ: er sich von seiner Mutter extra an seiner linken Seite eine Brusttasche annähen. Diese besitzt, für Endurofahrer äußerst wichtig, einen schnell öffnenden und sicher schließenden Kleppverschluss. Die 10 Minuten konnten hier aber gut genutzt werden, denn die begeisterten Anwohner hatten einen Getränkestand und einen Servicepunkt eröffnet. An diesem war vom Kompressor bis zum Schweißgerät alles zu haben, somit konnten alle notwendigen Wartungsarbeiten gleich an Ort und Stelle erledigt werden. Dann die erste Maisdurchfahrt, auch genannt das gräne Labyrinth . Hier hatte die Agroprodukt ganze Arbeit geleistet und ein herrliches Labyrinth ins Feld geschnitten. Der Gashahn war auf Anschlag und um die Kurven wurde gedriftet, wie beim Speedwayfahren. Am Ende des Maisfeldes musste die B 89 überquert werden. Dazu zeigte ein Feuerwehrmann aus dem Unterland, der für die Sicherung zuständig war, dem Wilfried an, ob er gefahrlos die Straße überqueren konnte. Nun folgte ein Gelände mit einem Grabensystem an Bahngleisen, wo er aufpassen musste, damit er sich keine Fußraste wegriss oder die Felgen verbog. Vorbei an schon ausgefallenen Fahrern fuhr er Richtung Weidhausen.
An der nun erreichten Durchgangskontrolle bei Rottmar wurden die Fahrer wieder von der Bevölkerung gut betreut und so konnte die Fahrt weiter nach Rohof fortgesetzt werden. Diesen Streckenabschnitt kannte er besonders gut, denn den hatte er selber abgesteckt. In diesem waren Schlammpassagen mit Trialeinlagen kombiniert. Kein Problem für Wilfried Ehrsam, denn er wusste ja, auf was zu achten war. Auch das folgende frisch geackerten Feld mit den tiefen Furchen stellte keine Schwierigkeit für die leistungsstarke Maschine dar, und somit konnte wieder Zeit gut gemacht werden. Weiter ging es über Mupperg, Mogger, Liebau, wo keine größeren Schwierigkeiten auftraten. Nur auf kopfgroße Steine in den Feldwegen und auf Hindernisse, welche im Gras bei den hier möglichen hohen Geschwindigkeiten nur schwer erkennbar waren, musste geachtet werden. In Oerlsdorf erreichte Wilfried die Zeitkontrolle 2 und konnte sich durch die rausgefahrene Zeit einen Sonnenbad gönnen. An dieser Kontrolle war nur noch einer von vier mit ihm gestarteten Fahrern, der Rest war schon ausgefallen. Nach dem auf die Minute genau gestempelt wurde, kam das zweite Maisfeld, was noch spektakulärer war als das erste. Größere Kurven und somit waren auch längere Drift’s möglich. Auf der Landstraße von Gefell zur Biene konnten die verkrampften Arme ausgeschüttelt werden und man bereitete sich mental auf den nächste Herausforderung vor. Dieser hatte es auch voll in sich. Als erstes musste eine 60 cm hohe Betonplatte in Trialmanier überwunden werden, dann ging es mehrmals im Zickzack über die Erdstoffdeponie. Anschließend war wieder ein Maisfeld angesagt und schon war man bei der Durchgangskontrolle 3 in Sichelreuth angelegt. Schnell gestempelt und nur noch die Auf- und Abfahrten bewältigt, wobei es bei den Auffahrten auf die richtige Gangwahl, Fahrerhaltung und Schwung ankam, die B 89 noch mal überquert, und schon war Wilfried nach einer Stunde und 40 Minuten wieder bei der Beru an. Hier im Start- & Zielbereich tankte er seine Maschine auf, kontrollierte die Kette und entfernte den groben Dreck, der sich bei den Schlammdurchfahrten angesammelt hatte. Mit dem Stempeln, wieder auf die Minute genau, ging es in die nächste Runde. Das ganze Spiel von vorn.
Nach insgesamt vier Runden war es dann endlich geschafft. Die Leistung von Wilfried Ehrsam kann sich sehen lassen, denn er belegte in seiner Klasse den hervorragenden dritten Platz und dafür möchte er sich im Namen aller Fahrer bei allen bedanken, die es ermöglicht haben, dass dieses Rennen stattfinden konnte. Besonders bei der Bevölkerung für ihr Verständnis und große Begeisterung, was einmalig in Deutschland ist. Mit der Seigerehrung im Zelt, die der Bürgermeister von Neuhaus–Schierschnitz Henndrik Oberender und der Hauptamtsleiter Körner vornahmen, fand die größte lizenzfreie Enduroveranstaltung von Deutschland, einen würdigen Abschluss.