Die Beste Band der Welt ist meine Lieblingsband, wenn man das so sagen kann. Falls man mich auf der Straße fragen würde, würde ich sagen, ich habe gar keine Lieblingsband. Nur, wenn man eine Band seit 1988 kennt und auch noch heute eine ihre Scheiben in die Auto Hifi Anlage schiebt und bei „Zu Spät“ aus voller Kehle mitsingt, ja dann ist es Zeit sich zu outen und bekannt zu geben, man hat eine Lieblingsband und diese hört auf den Namen „die ärzte“.
Wie bin ich aber zu dieser Band gekommen? Das will ich mal erzählen. Zur tiefsten Ostzeit, ok 1988 kann man nicht mehr als tiefste Ostzeit betitulieren, nahm ich an die Volksolidarischen Ferienlagern teil, welche von den Volkseigenen Betrieben betrieben wurden. Der männliche Teil meiner Erzeugung arbeitete während der Deutschen Demokratischen Republik Zeit im Volkseigenen Betrieb, kurz VEB Sternradio Sonneberg. Diese stellten neben Radio’s auch Kassettenlaufwerke, Schallplattenspieler und Boxen her. Nebenbei unterhielt der Betrieb Ferienlager. Wie viele kann ich nicht sagen, zwei auf jeden Fall. Ich besuchte im Jahre 1987 das Ferienlager Bertingen in der Nähe von Magdeburg. Weil es mir da so gut gefiel und ich von dort als Mohr nach Hause kam, ein 9-Jähriger nimmt es mit dem Waschen nicht so genau, besuchte ich im Jahr darauf gleich das Nächste. Dieses war nur etwas näher an der Heimat. Die im Volksmund bekannte Fuchsfarm liegt im Thüringischen Wald bei Steinach, welches wiederum nur 25 km von meinen Heimatort Sonneberg entfernt liegt. Diese Nähe verschaffte mir den Besuch meiner Erziehungsberechtigen während meines 3-wöchigen Aufenthalts, was andere Jugendliche zur Annahme führte, die junge Dame müsste meine Schwester sei, bekleidet von ihrem Freund, meinen Vater. Wie konnte ich nur so vom Thema abschweifen, typisch ich. Ja, die Beste Band der Welt. Mit im Ferienlager waren Jugendliche aus Berlin. In Berlin steppte schon immer der Bär, Berlin war Hauptstadt der DDR und im Besonderen die Berliner schon immer was Besseres. Aus diesen Gründen wurden den Berliner immer große Fressen nachgesagt, was die allgemeine Meinung im Hinterwäldlichen Sonneberg über die Berliner war. Und hier schließt sich der Kreis, „die ärzte“ waren eine Band aus dem Kapitalistischen Berlin, also dem Westteil der Stadt. Ihre Musik drang so aus geografische Nähe in den Ostteil vor. Diese brachten die Berliner Jugendlichen ins Ferienlager in den Thüringischen Wald. War ja klar, ihre Eltern arbeiteten ebenfalls in der Sternradio, zwar nur in Berlin und hatten somit hervorragenden Zugang zu Hifi Utensilien. Wie, warum und weswegen kann ich nicht mehr erklären, aber drei der Berliner veranstalteten ein Playbackkonzert, richtig mit gebastelten Instrumenten, Bühne und Kostümen. Heute fand ich heraus, sie spielten wahrscheinlich die Lieder vom 1986 Album der Ärzte – Das ist nicht die ganze Wahrheit… und ein paar andere aus der Gründerzeit der Band 1985. Ich erinnere mich auch noch heute ganz genau an das Lied „Zu Spät“. Nicht, dass ich eine Dame wohlgesonnen war, aber eine 14-jährige hatte Gefallen an mir gefunden. Das war mein erstes Ärzte Konzert, auch wenn Farin, Bela und Rod nicht wirklich anwesend waren und zu diesem Zeitpunkt die Band sich schon aufgelöst hatte. Sie gaben am 9. Juli 1988 ihr letztes Konzert in Westernland auf Sylt. Muss fast zur selben Zeit gewesen sein, als ich im Ferienlager den Playback Ärzten zuhörte. Das war mein erster Kontakt mit den Ärzten. Auch kann ich mich nicht erinnern, ob ich mir den Namen der Band wirklich merkte. War ja da noch jung und aufs Internet war zu dieser Zeit kein Verlass.
Es dauerte ein paar Jahre, die Mauer musste erst mal weg, bis ich wieder in den Kontakt kam, mit den Ärzten. Und auch mussten die sich erst wieder zusammenfinden. Das taten sie dann auch 1993 und stiegen mit dem Lied „Schrei nach Liebe“ in den deutschen Charts ein. Die Rechte Szene hatte zu dieser Nachwendezeit stark zugenommen, auch in Sonneberg, was ich nicht gut fand. Ein Lied wie Schrei nach Liebe kam da gerade recht. Und die Liebe zu Punk Rock und den Ärzten, welche in den sommerlichen warmen Tagen im Ferienlager im Thüringer Wald gepflanzt wurde, keimte wieder auf. Über die Jahre wuchs diese Pflanze über „Drei Tage Bart“, „Männer sind Schweine“, „1/2 Lovesong“, „Westernland“, „Bitte Bitte“, „Manchmal haben Frauen…“, „Elke“, „Schunder Song“, „Mach die Augen zu…“ hin zu Rock’N’Roll Realschule von der zarten Pflanze zu einer echten Deutsche Elche. Ich kaufe mir nicht jedes Album, und finde auch nicht jedes Lied toll, aber Die Beste Band der Welt, bekleidet mich nunmehr seit 30 Jahren. Warum? Wahrscheinlich weil ich selber gerne eine Außenseiter Rolle einnehme, wahrscheinlich weil Punk Rock verborgen in meinem Blut fließt, wahrscheinlich weil es nur einen Gott gibt – BELAFARINROD oder einfach weil ich als Kind mit den Klängen von den Ärzten während eines Ferienlagersaufenthalt versaut worden bin!
Es ist halt auch einfach die beste Band der Welt 😉
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Genau 😜
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